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15.03.2022Playoff-Final

Richard Kaeser: «Jede Spielerin muss ihre Aufgabe erfüllen»

In extremis hat Aergera Giffers am Sonntag die Playoff-Finalserie gegen Waldkirch-St. Gallen ausgleichen können. Ausschlaggebend war eine disziplinierte Defensivleistung. Für Trainer Richard Kaeser ist klar, dass dies auch in den nächsten Spielen der Schlüssel zum Erfolg sein wird.

Zwölf Tore fielen am Samstag beim Auftakt der NLB-Finalserie, als Waldkirch-St. Gallen (Wa-Sa) zu Hause 8:4 gewann. Tags darauf waren es beim zweiten Aufeinandertreffen in Giffers nur noch fünf Treffer, wobei das entscheidende 3:2 von Aergera erst in der Verlängerung die Erlösung brachte. Zwei Gegentreffer anstatt acht – der Hauptgrund für das bessere Abschneiden am Sonntag liegt auf der Hand. «Wir hatten schon am Samstag phasenweise sehr gut gespielt, allerdings hatten wir zu oft unsere Verteidigung aus den Augen verloren», schaut Trainer Richard Kaeser auf das intensive Wochenende zurück. «Unser defensives System beruht darauf, dass jede der fünf Spielerinnen auf dem Feld ihre Aufgabe erfüllt. Es gibt andere Spielsysteme, bei denen es nicht so schlimm ist, wenn jemand einen Fehler macht, weil hinten immer noch einer steht, der es ausbügeln kann. Aber wir brauchen Geschlossenheit, erst recht gegen ein so starkes Team wie Wa-Sa.» Bei der Videoanalyse nach der Niederlage habe man gut gesehen, dass man immer dann in Bedrängnis geraten sei, wenn man zu passiv agiert habe, so Kaeser. «Wenn wir uns zwei, drei Schritte haben zurückfallen lassen, anstatt den Gegner mit unserem Forechecking zu beschäftigen und in seinem Spielaufbau zu stören, wurde es gefährlich.»

Wa-Sa mit Meisterambitionen

Wie gefährlich Wa-Sa ist, hat es in der Qualifikation, in der es kein Spiel verloren hat, zur Genüge bewiesen. Der Meistertitel ist denn auch das erklärte Ziel der St. Gallerinnen. «Das Team besitzt nicht nur sehr viel individuelle Klasse, sondern harmoniert auch im Kollektiv hervorragend», sagt Kaeser anerkennend. «Das Spiel von Wa-Sa ist ständig im Fluss, alle sind extrem viel in Bewegung und verfügen über eine sehr hohe Präzision mit dem Ball.»

Um seinen Ambitionen gerecht zu werden, hat sich der Verein aus der Ostschweiz auf diese Saison hin nochmals mit zwei NLA-Spielerinnen verstärkt. So wechselte zum einen Ladina Sgier von den Red Lions Frauenfeld zu Wa-Sa. Die Verteidigerin hat nicht nur mehrere Jahre NLA-Erfahrung inklusive drei Meistertiteln auf dem Buckel, sie hat 2015 auch mit der Schweizer Nationalmannschaft die WM-Bronzemedaille gewonnen. Zum anderen hat auch die neu verpflichtete Anina Beck die Erfahrung von knapp 70 NLA-Spielen aus Frauenfeld mitgebracht. Und dann tauchen bei Wa-Sa immer wieder die Namen der beiden Angreiferinnen Livia Resegatti und Lara Eschbach auf. Die beiden sind seit Jahren regelmässig weit vorne in der Skorerliste der NLB anzutreffen – und sie führen die Wertung auch diese Saison dank ihrer geballten Offensivkraft wieder mit 42 Punkten (Resegatti) und 39 Punkten an. Als letztes Jahr die NLB-Meisterschaft wegen Corona abgebrochen wurde, schlossen sich die beiden vorübergehend dem NLA-Team Floorball Riders Dürnten-Bubikon-Rüti an und bewiesen, dass sie auch in der höchsten Schweizer Liga sehr gut mithalten können. Resegatti erzielte in 11 Spielen 12 Punkte, ihre Sturmpartnerin kam auf deren fünf.

Disziplinierte Defensive

Auch am Sonntag beim 8:4-Sieg ihres Teams hatte Resegatti bei einem Treffer und zwei Assists ihren Stock im Spiel. Am Sonntag hatte Giffers die gegnerische Topskorerin aber besser im Griff, sodass diese leer ausging. Und anders als beim Match in St. Gallen, als die Senslerinnen eine 3:0-Führung verspielt hatten und sich dadurch hatten verunsichern lassen, behielten sie vor ihrem lautstarken Publikum auch nach dem 0:1-Rückstand die Nerven. «Es war wichtig, dass wir ruhig geblieben sind und geduldig auf unsere Chance gewartet haben», sagt Kaeser rückblickend.

Allerdings dauerte es 54 Minuten, bis Aergera erstmals die Abwehr von Wa-Sa knacken konnte. «Unsere Effizienz vor dem Tor war sicherlich nicht so hoch wie noch in den letzten Matchs», sagt der Trainer. Es sei aber auch nicht so gewesen, dass man ein Dutzend guter Torchancen vergeben hätte. «Weil unser Game-Plan zwangsweise auf einer extrem disziplinierten Defensive beruht, war abzusehen, dass wir nicht Torchancen en masse bekommen würden.»

Intaktes Selbstvertrauen

Durch Fanny Ecoffey gelang der 1:1-Ausgleich doch noch (54.), 108 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit geriet Aergera aber wieder ins Hintertreffen. Mit dem Mut der Verzweiflung warfen die Gifferserinnen in der Schlussphase nochmals alles nach vorne und retteten sich 11 Sekunden vor der Schlusssirene durch einen Treffer von Alyssa Buri in die Verlängerung. «Ich weiss gar nicht genau, wie der Schuss reingegangen ist», verrät die Torschützin. «Der Ball ist auf meiner Schaufel gelandet, und ich habe ohne gross nachzudenken einfach geschossen.»

«Bei sechs gegen fünf Feldspielerinnen muss vieles zusammenpassen, damit der Ball durch das Getümmel vor dem Tor den Weg ins Netz findet. Und es braucht das Selbstvertrauen, um diesen Schuss zu wagen», sagt Richard Kaeser zum späten 2:2. Tatsächlich scheint das Selbstvertrauen bei Aergera momentan unerschütterlich – und das nicht erst seit den starken Leistungen in der Viertelfinal- und der Halbfinalserie. Der 3:2-Siegtreffer von Buri nach 65 Sekunden der Verlängerung passt da perfekt ins Bild. «Wir wissen, dass wir die Möglichkeiten haben, Wa-Sa zu ärgern», ist die 19-Jährige überzeugt. «Es braucht aber von jeder Spielerin absolute Leidenschaft und die Bereitschaft, während 60 Minuten Vollgas zu geben – so wie am Sonntag und nicht wie am Samstag, als wir nur ein Drittel lang richtig gekämpft haben. Und wir müssen erneut einen fast perfekten Match abliefern.»

Das dritte Duell der ausgeglichenen Best-of-5-Serie findet am Donnerstag in St. Gallen statt (20 Uhr).

Michel Spicher, Freiburger Nachrichten vom 15. März 2022.